Regelmässige Besucher der EMW-Veranstaltungen wissen, wie alltagsnah und humorvoll der Autor und Hochschul-Professor Dr. Allan Guggenbühl Erfahrungen und Anekdoten aus seinem Beratungs- und Therapie-Alltag rüberbringen kann.
Schon mit seinem ersten Referat „Stressfaktor Pubertät“ im März 2016 zog er gleich die ganze Aula der Kanti Rychenberg in seinen Bann. Der Bildungsexperte überrascht mit scheinbar einfachen, aber verblüffenden Thesen, denen er jeweils konkrete Erlebnisse und stimmige Belege folgen lässt.
Aufhorchen lässt Guggenbühl zum Beispiel mit der These, wir Eltern seien für Jugendliche eigentlich „keine Menschen“.
Einerseits, weil sich unsere Rolle viel mehr auf der „Hinterbühne“ der heimlichen Unterstützung und Begleitung in stürmischen Zeiten als auf der „Vorderbühne“ der täglichen sozialen Äusserlichkeiten abspiele. Andererseits, weil Jugendliche uns Eltern erst ziemlich spät als selbständige Persönlichkeiten und TrägerInnen eigener Bedürfnisse („Wältreis? Mami gahts Dir eigentli no?“) erkennten. Und wenn Jugendliche ihr „Recht“ einfordern, „nicht verstanden zu werden“, wie es Guggenbühl ausdrückt, dann werden Debatten mit den Eltern eben aktiv gesucht. Solche Debatten dienen nicht dem Erkenntnisgewinn, sondern sollen eben gerade Dissens und Differenz erzeugen - gerne auch mal völlig logikfrei - Hauptsache es wirkt regenerierend und als Kontrastprogramm zum Schulalltag.
Wältreis? Mami gahts Dir eigentli no?“
Das Gymi wiederum, gibt Guggenbühl zu bedenken, sei keineswegs nur ein Lernort, vielmehr weise es neben der Funktion als Bildungsinstitution eine ganze Anzahl anderer Bedeutungen auf. So befriedige die Mittelschule auch das Bedürfnis nach ausserfamiliären Bezugspersonen, wo unsere Sprösslinge Vertrautheit in der Distanz fänden - nicht nur bei anderen Schülern, sondern durchaus auch bei Lehrpersonen. An diesem Ort der Individualisierung, wie Guggenbühl es sinngemäss ausdrückte, haben die Eltern wenig verloren, sie gelten dort sogar als ziemlich peinlich. So peinlich, dass für das Erscheinen von Vater oder Mutter am Besuchstag schon mal fünf Franken Busse zugunsten der Klassenkasse fällig werden können, wie der Professor zu berichten weiss.
Es sind diese Anekdoten und Muster aus der Praxis, verbunden mit der sicheren Distanz, aus der man diese Geschichten in der Aula erlebt, mit denen Guggenbühl einem die Elternrolle im Gymi aus neuen Blickwinkeln erleben lässt. Sich in der Mutter- oder Vaterrolle so im Spiegel wiederzuerkennen, hat seine eigene Komik, entsprechend wurde an diesem Samstagvormittag auch viel und herzlich gelacht.
Die EMW wird diesen kurzweiligen und erkenntnisreichen Vormittag mit Prof. Guggenbühl auch 2018 wieder für ihre Mitglieder ins Programm aufnehmen.
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